Einfluss von Interferon-alpha auf das latente HIV-1 Reservoir. Journal of Infectious Diseases
Heutzutage lässt sich eine HIV-Infektion sehr gut behandeln, heilen hingegen kann man sie jedoch noch nicht. Schuld daran ist das sogenannte HIV-Reservoir im Körper. Gemeint sind damit jene Orte im Organismus, wo sich das Virus versteckt, obwohl der Patient beim Bluttest keine Erreger mehr aufweist.
Forscher aus der Schweizerischen HIV Kohortenstudie (SHCS) haben in der vorliegenden Studie untersucht, ob Interferon-alpha, welches jahrzehntelang zur Behandlung der Hepatitis C Infektion eingesetzt wurde, das latente HIV Reservoir zu verkleinern vermag. Das Resultat ihrer Studie war ernüchternd: unter der mehrmonatigen Behandlung mit Interferon-alpha machte das latente HIV Reservoir keinen Wank. Welche Entdeckung jedoch trotzdem Anlass zur Hoffnung macht, lesen sie weiter unten.
Die Forscher aus der SHCS haben in ihrer Studie bei 40 HIV/Hepatitis C koinfizierten Patienten das latente HIV Reservoir in Blutzellen des Immunsystems gemessen. Die Messung des latenten Reservoirs wurde dabei aus tiefgefrorenen Blutproben von SHCS Patienten im Labor durchgeführt, das heisst ausserhalb des menschlichen Körpers. Fast alle der untersuchten Blutproben stammten von Patienten ab, welche aufgrund einer Hepatitis C Infektion vorgängig mit Interferon-alpha und Ribavirin behandelt worden waren. Die meisten dieser Patienten hatten zudem im chronischen Stadium der HIV-Infektion ihre HIV-Therapie begonnen. Einige der Patienten hatten jedoch bereit sehr früh nach Ansteckung mit der HIV-Therapie gestartet. Die Forscher wollten nun herausfinden, welchen Einfluss eine Therapie mit Interferon-alpha auf das latente HIV Reservoir hat und ob der Zeitpunkt des Beginns der HIV-Therapie das latente HIV Reservoir zu senken vermag.
Die gute Nachricht zuerst: bei Patienten, welche ihre HIV-Therapie sehr früh gestartet hatten, war das HIV Reservoir deutlich tiefer als bei den Patienten, welche die HIV-Therapie erst im chronischen Stadium begonnen hatten. Die schlechte Nachricht: die Hepatitis C Therapie mit Interferon-alpha hatte keinerlei Einfluss auf das latente Reservoir; insbesondere zeigte sich unter Interferon keine Verkleinerung des latenten HIV Reservoirs. Im Gegenteil: bei einigen Patienten füllte sich das latente Reservoir unter Interferon-alpha sogar auf.
Das Fazit der Studie aus der SHCS ist: eine HIV-Frühtherapie vermag das latente HIV Reservoir entscheidend zu senken. Dies könnte für Patienten, welche unter einer HIV-Frühtherapie stehen, in zukünftigen Heilungsstudien ein Vorteil sein. Denn in einer Erkenntnis sind sich alle Forscher einig: je tiefer das latente HIV Reservoir bei einem Patienten ist, desto grösser ist seine Chance, dass dereinst eine Heilungstherapie bei ihm funktionieren könnte. Allerdings hat die Studie aus der SHCS auch gezeigt, dass Interferon zur Attackierung und Senkung des latenten Reservoirs keinen Nutzen bringt. Vielmehr muss die Studie dahingehend interpretiert werden, dass der Einsatz von Interferon-alpha in zukünftigen HIV-Heilungsstudien nicht erfolgsversprechen ist und aufgrund der grossen Gefahr von Nebenwirkungen nur noch sehr zurückhaltend eingesetzt werden sollte.