Wirkung des Alterungsprozesses auf die Konzentration von antiretroviralen Medikamenten. British Journal of Clinical Pharmacology.
Die Lebenserwartung von HIV-Infizierten ist dank der antiretroviralen Behandlung erheblich gestiegen. Somit steigt auch die Zahl der älteren Menschen, die mit HIV leben. Die altersbedingten biologischen Veränderungen können die Umwandlung und Ausscheidung antiretroviraler Medikamente beeinflussen, aber es gibt nur wenige Daten darüber, da ältere Menschen im Allgemeinen von klinischen Studien ausgeschlossen sind.
Um die Prozesse der Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung von Medikamenten durch den Organismus sowie die demografischen Werte einer bestimmten Personengruppe mathematisch zu beschreiben, werden Physiologische pharmakokinetische Modelle (PBPK) verwendet. Es wurden PBPK-Modelle entwickelt, um die Konzentration von verschiedenen antiretroviralen Medikamenten bei älteren Menschen zu simulieren. Anschließend wurden die mit den PBPK-Modellen berechneten antiretroviralen Konzentrationen mit den Konzentrationen der Messungen einer klinischen Studie bei älteren SHCS-Teilnehmenden verglichen.
Die Resultate der PBPK-Modelle erwiesen sich als richtig, da die beobachteten Konzentrationen der untersuchten antiretroviralen Medikamente (Atazanavir/r, Darunavir/r, Dolutegravir, Raltegravir, Etravirin, Rilpivirin, Emtricitabin und Tenofovir) durchwegs innerhalb des Bereichs der vorhergesagten Konzentrationen lagen. Die überprüften Modelle haben gezeigt, dass die Maximalkonzentration von antiretroviralen Medikamenten bei älteren Menschen im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen (20-24 Jahre) um bis zu 34 % steigt. Die Exposition von antiretroviralen Medikamenten nimmt mit dem Alter progressiv zu und erreicht im Vergleich zu jungen Erwachsenen ein Maximum von 70 %.
Diese Veränderungen der Konzentration können durch eine Verschlechterung der Durchblutung der Leber und der Nieren und der altersbedingt abnehmenden Fähigkeit der Niere, Medikamente auszuscheiden, erklärt werden. Die Simulationen deuten darauf hin, dass das Altern die Konzentration von antiretroviralen Medikamenten geringfügig verändert. Daher ist eine Dosisanpassung von antiretroviralen Medikamenten bei älteren Menschen nicht nötig, wenn keine Begleiterkrankungen vorliegen, die die Ausscheidung von Medikamenten beeinflussen, wie etwa schwere Nieren-, Herz- oder Leberfunktionsstörungen. Die Modelle deuten auch darauf hin, dass das Altern die Konzentration von antiretroviralen Medikamenten bei Männern und Frauen und bei verschiedenen ethnischen Gruppen in ähnlicher Weise beeinflusst.