Transfrauen in der SHCS: Beschreibung einer eigenständigen HIV-Übertragungsgruppe. Clinical Infectious Disease
Der Begriff «trans» wird oftmals für Personen verwendet, welche sich nicht mit dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht identifizieren. Dies können Menschen sein, welche geschlechtsangleichende Operationen oder Hormontherapien durchführen liessen, oder die sonst im sozialen Leben mit einem anderen Geschlecht auftreten. Neben «trans» wird der Begriff «cis» verwendet, wenn sich Personen mit dem Geburtsgeschlecht identifizieren. Zahlreiche Studien weltweit, aber auch in der Schweiz, zeigten eine schlechtere Lebensqualität und vermehrt psychische Probleme bei Transpersonen. Transfrauen – also Frauen, welche bei Geburt dem Geschlecht männlich zugeordnet wurden – sind zudem überproportional von der HIV Epidemie betroffen.
In dieser Studie wurde versucht, Transfrauen in der Schweizer HIV Kohortenstudie (SHCS) zu identifizieren und zu charakterisieren. Da diese Population in der Vergangenheit nicht systematisch in der Kohorte erfasst wurde, mussten systematisch die Einnahme von Hormonen, Einträge bezüglich gynäkologischen Untersuchungen sowie Kommentare im Patientenformular durchsucht werden.
Insgesamt konnten 89 Transfrauen in der SHCS identifiziert werden. Verglichen mit «cis» Frauen und MSM waren Transfrauen häufiger von asiatischer oder lateinamerikanischer Herkunft. In Bezug auf Bildung waren Transfrauen den «cis» Frauen ähnlicher, bezüglich Syphilis Ko-Infektionen den MSM. Transfrauen berichteten häufiger über Drogenkonsum oder Depressionen als «cis» Frauen und MSM. Zudem wurden Transfrauen mehr als doppelt so häufig wegen psychischer Probleme hospitalisiert als «cis» Frauen und MSM.
Das HIV-Transmissionsnetzwerk wurde anhand von Virussequenzen charakterisiert, um die Übertragungswege besser zu verstehen. Transfrauen waren in diesem Netzwerk häufiger in der Übertragungsgruppe von MSM als in derjenigen von «cis» Frauen, was eine stärkere Überlappung mit der HIV Epidemie von MSM als jener von «cis» Frauen andeutet.
Zusammenfassend zeigt diese Studie, dass Transfrauen in der SHCS eine eigenständige Gruppe darstellen. Bei gewissen Charakteristiken sind Ähnlichkeiten zu «cis» Frauen feststellbar, bei anderen Ähnlichkeiten zu MSM. Dies zeigt, dass Transfrauen in wissenschaftlichen Studien separat analysiert und nicht einfach mit «cis» Frauen oder MSM zusammengefasst werden sollten. Der hohe Anteil von Transfrauen mit psychischen Problemen oder Drogenkonsum zeigt ausserdem, dass sie von gezielten Präventions- und Gesundheitsangeboten profitieren könnten.