Dankesbrief zum Jahreswechsel

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Sehr geehrte Damen und Herren
Unsere Schweizerische HIV Kohorten Studie (SHCS) darf dieses Jahr mit grossem Stolz auf Ihr 25-jähriges Bestehen zurückschauen. Wie Sie wissen, hat sich in dieser Zeit rund um die HIV Erkrankung sehr viel getan. Dank dem steten wissenschaftlichen Fortschritt kann die HIV Krankheit heute viel besser behandelt werden. Mit Ihrer Teilnahme an dieser Studie tragen sie massgeblich zum grossen Erfolg bei. Dafür gebührt Ihnen ein herzlicher Dank. Zum Jahreswechsel möchten wir Ihnen auch dieses Jahr wieder über einige wichtige neue Studien berichten, die im Jahr 2013 im Rahmen der Schweizerischen HIV Kohorten Studie veröffentlicht worden sind. 

Probleme bei einer Zusatzinfektion mit Hepatitis B
Leider ist die zusätzliche Infektion mit dem Hepatitis B Erreger ein häufiges Ereignis bei HIV positiven Menschen. So sind 25% aller Kohorten Patienten doppelt infiziert und wiederum ein Viertel davon leidet an einem chronischen Verlauf der Hepatitis-B Infektion. Vor allem dieser chronische Verlauf wirkt sich negativ auf den Therapieerfolg der HIV Erkrankung aus. Die immunkompetenten Zellen im Blut (CD4 Zellen) steigen nach Beginn der HIV-Therapie weniger schnell wieder an, obwohl die Vermehrung der HI-Viren erfolgreich unterdrückt werden kann.
Wandeler et al. J Infect Dis 2013 ; Nov 1;208(9):1454-8

Erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Krebs am Darmausgang bei HIV-infizierten Personen
Dank der Registrierung aller Krebsfälle, welche bei den HIV-positiven Personen in der HIV-Kohorte seit 1988 aufgetreten sind, wurde ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Krebs am Darmausgang festgestellt. Er ist bis zu 30-mal so hoch wie in der HIV-negativen Bevölkerung. Besonders betroffen sind homosexuelle Männer. Die Krankheit tritt vorwiegend ab dem 35 Lebensjahr auf und gehäuft bei denjenigen Personen, die vor Therapiebeginn einen sehr tiefen CD4-Wert aufgewiesen haben. Auch bei Rauchern und bei Personen, bei welchen eine Zusatzinfektion mit dem Papillomavirus (HPV-16) festgestellt worden ist, ist das Risiko für diese Krankheit erhöht. Die Konsequenz aus diesen Erkenntnissen ist klar: Mit einer Therapie der HIV Erkrankung muss begonnen werden, bevor die immunkompetenten Zellen im Blut zu stark reduziert sind. Dies bedingt allerdings, dass eine Infektion tatsächlich erkannt wird. Auch sollten HIV-positive Personen speziell ermuntert werden, mit dem Rauchen aufzuhören.
Bertisch et al. Am J Epidemiol. 2013 Sep 15; 178(6):877-84.

Erektionsprobleme beim HIV-positiven Männern in der Schweizerischen HIV-Kohorte: ein häufiges Phänomen
Seit gut drei Jahren umfasst der Fragekatalog der SHCS auch Fragen rund um Erektionsprobleme beim Mann. Erste Analysen haben gezeigt, dass ungefähr ein Drittel aller befragten Männer in der SHCS unterschiedlich häufig davon betroffen sind. Funktionsstörungen der Erektion treten vor allem im Alter vermehrt auf. Auch scheinen Personen, die depressiv veranlagt sind oder solche mit einer langen Dauer der HIV Erkrankung, anfälliger für eine erektile Störung zu sein. Gemäss dieser Studie konnte aber mit Ausnahme von zwei Medikamenten kein Zusammenhang mit einer spezifischen antiretroviralen Therapie nachgewiesen werden. Die Ausnahmen waren die heute kaum mehr verwendeten Medikamente Zalcitabine und Enfuvirtide. 
Wang Q et al. Antivir Ther 2013; 18(3):337-44.

Gute Aussichten für HIV-positive Frauen mit einem Kinderwunsch
Gemäss internationalen Empfehlungen soll es heute schwangeren HIV-positiven Frauen möglich sein, ihr Kind auf natürliche Weise zu gebären.  Voraussetzung dafür ist, dass während der Schwangerschaft keine Viren im Blut der Frau nachgewiesen werden - sie also erfolgreich therapiert ist - und dass die Frau keine anderen Hindernisse hat, um ein Kind auf natürliche Art zu gebären. Weil sich aber viele Frauen vor einer Übertragung des Virus auf das Kind während der Geburt zu fürchten scheinen, setzt sich diese Empfehlung erst nach und nach durch. Gemäss einer Europäischen Studie mit Schweizer Beteiligung hat sich der Anteil natürlicher Geburten immerhin von 17% auf über 50% erhöht. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung. Jedoch könnte dieser Anteil gemäss Analyse der Daten von Frauen ohne nachweisbare Viruslast höher sein.
Aebi-Popp et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2013 Sep 1;64(1):58-65.

Keine Änderung der antiretroviralen Therapie während der Schwangerschaft
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Konzentration der antiretroviralen Wirkstoffe während der Schwangerschaft im Blut niedriger ist als bei nichtschwangeren Frauen. Befürchtungen wurden deshalb laut, dass die antiretrovirale Therapie bei schwangeren Frauen nicht gleich wirksam sei und folglich die Dosis nach oben angepasst werden müsse. Eine weitere Studie hat nun aber Entwarnung gegeben. Sie hat gezeigt, dass der an Eiweissträger gebundene Anteil der aktiven Substanzen im Blut zwar erniedrigt ist. Dagegen ist aber der aktive Teil der eingenommen Therapie im Innern der Zellen selbst erhöht. Daraus folgt, dass während der Schwangerschaft keine Therapieanpassung erfolgen muss, um eine vollständige Unterdrückung der Viruslast erreichen zu können. 
Fayet-Mello et al. Antivir Ther 2013 ; 18 : 171-182.

Herz-Kreislauferkrankungen bei HIV-positiven Menschen: Welche Faktoren sind am wichtigsten
Eine grosse Europäische Studie, an der auch die SHCS beteiligt ist, hat aufgezeigt, welche Faktoren für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen bei HIV-positiven Menschen wichtig sind. Dabei stehen wiederum das Alter und Rauchen an erster Stelle.  Sie werden gefolgt von anderen wohlbekannten Risikofaktoren wie erhöhtes Cholesterin, erhöhter Blutzucker und Bluthochdruck. Auch konnte ein Zusammenhang mit gewissen genetischen Faktoren nachgewiesen werden. Der Einfluss der antiretroviralen Therapie ist vorhanden, aber verglichen mit den anderen Faktoren relativ unbedeutend.
Rotger et al. Clin Inf Dis 2013 ; 57 (1) : 112-21.
 
Angemessene Konzentration der antiretroviralen Substanzen im Gehirn ist wichtig, um die Virusvermehrung auch im Gehirn zu  unterdrücken.
60 Patienten, welche erfolgreich mit einer Triple-Therapie behandelt werden und seit mindestens 3 Monaten keine Viren im Blut aufweisen, haben sich für diese Studie zu einer Entnahme von Gehirnflüssigkeit bereit erklärt. Sie ist durch eine Lumbalpunktion im Intervall von zwei Jahren erfolgt, indem mittels einer Hohlnadel im Bereich der Lendenwirbelsäule Gehirnflüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal entnommen wird. Das Resultat ist erfreulich: Nur bei 4 Personen konnte eine kleine Anzahl Viren nachgewiesen werden. Das Auftreten von Viren in der Gehirnflüssigkeit ist eng damit verbunden, wie gut die aktiven Substanzen die Blut-Hirnschranke passieren können. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass bei der Therapie diejenigen Substanzen gewählt werden, die in die Gehirnflüssigkeit eindringen. Dies ist wichtig, damit sich dort kein verstecktes Virenreservoir bilden kann.
Cusini et al. J Acquir Immun Defic Syndr 2013 ; 62 : 28-35.

Wie sie diesem kurzen Bericht entnehmen können, hat die Schweizerische HIV Kohorte auch in diesem Jahr wieder wichtige wissenschaftliche Beiträge geliefert, die es erlauben, die HIV-Krankheit noch besser zu verstehen. Diese Studien sind nur dank Ihrer aktiven Mitwirkung möglich. Wir möchten Ihnen für Ihr Vertrauen nochmals unseren herzlichen Dank aussprechen und wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen alles Gute im neuen Jahr.

Das Team der Schweizerischen HIV Kohorten Studie